Wie in jedem Jahr schreckt die aktuelle Gallup-Engagement-Erhebung wieder einmal auf. Lediglich 17% der Beschäftigten seien emotional stark mit ihrem Unternehmen verbunden und 15% hätten gar innerlich gekündigt.
Okay.
Aber was ist eigentlich mit dem Potential der restlichen 2/3, die Dienst nach Vorschrift leisten?

Dienst nach Vorschrift.
Klingt nach Gemütlichkeit, Zurücklehnen, Stressfreiheit, Low-Performing.
Wenn man böse denkt.

Kann auch klingen nach: Prozesssicherheit, Strukur, Qualität, Effizienz und Effektivität.
Es gibt Unternehmen, die wären froh, wenn es überhaupt mal einheitliche Vorschriften gäbe, geschweige, dass sich alle daran halten. Und es gibt schnell wachsende Organisationen, da ist die Einhaltung gemeinsamer Vorschriften aktuell das wichtigste Effizienzziel.

In Themen mit Führungskräften geht es eigentlich immer wieder um zwei Schwerpunktfragen:
Wie motiviere ich die 100%-Performer?
Wie belohne ich die 150%-Performer?

Diese Zweiteilung versteckt sich mitunter hinter anderen Fragestellungen, am Ende bleibt: Wie treibe ich den einen Teil an und wie halte ich den aktiven Teil bei der Stange?
Am Ende geht es natürlich immer um Ausnahmen, Einzelfälle, Besonderheiten.
Ja klar, denn der überwiegende Teil einer Gruppe wird sich um das geforderte Maß herum gruppieren.

Aus dem Change Management weiß man zudem, dass Veränderungsprozesse gerade dann scheitern, wenn zu viel Kraft darauf investiert wird, die Gegner (ca. 15%) zu überzeugen und mitzunehmen oder sich allein auf die Befürworter (ca. 15%) als Zugpferde zu verlassen.
Schon auffällig, wie ähnlich sich die Zahlen sind…

Bleiben wir mal bei der spannenden Mitte:
Statt in Führung also ständig den Ermunterungsheini oder permanenten Miteinbezieher zu spielen, wäre es vielleicht mal an der Zeit, sich mit dem eigentlichen Innovationspotential in Gruppen zu beschäftigen. Wobei Innovation hier bedeuten soll: das Bestehende in eine neue Entwicklungsstufe zu transformieren.

Zu beobachten ist, dass auf lange Sicht diejenigen Unternehmen erfolgreich sind, die große Stabilität mit großer Dynamik kombinieren.
Stabil sind die Werte, die Unternehmenskultur und damit auch gute Nachfolgeplanungen. Dynamik entsteht durch Führungskräfte mit wechselnden Positionen und Verantwortungsfeldern im Haus, so dass der ganzheitliche Blick und die Vielfalt der Einflüsse gewährleistet bleibt.
Wer sich also um die 70%, also die große Mitte kümmert, bemüht sich zugleich um die Verbundenen. Der Großteil wird sich mit den stabilen Faktoren verbunden und ihnen verpflichtet fühlen. Zu klären gilt sicherlich individuell, ob dies aus Verpflichtung (also „nach Vorschrift“) oder innerer Überzeugung geschieht.
Überzeugungstäter sind Aktivierungspotential (die anderen gilt es zu begeistern). Auf der Basis gemeinsamer Werte heißt es, zu prüfen, wo jemand über sich hinauswachsen kann. Und zwar nicht mit Steigerungsraten von 100%. Sondern im Kleinen. Evolution erfolgt ja auch in Schritten und nicht in Sprüngen.

Das mag beispielhaft folgende Fragen bringen:

  • Wie könntest du das anders/kundenfreundlicher/schneller angehen oder lösen?
  • Welche Entscheidung willst du morgen selbst treffen?
  • Wie kannst du die Fähigkeit xy morgen einen Moment mehr einbringen?
  • In welchen Situationen ginge deine Lösung von eben noch?

Beschäftige ich mich in Führung mit dem sichtbaren Potential, das bereits zu etwa 100% geforderter Leistung führt, kann ich den anderen aktivieren, dies häufiger, anders usw. zu zeigen.
Schaue ich lediglich auf das, was nicht ist, im schlimmsten Fall auf den Unterschied zum Superhelden eines Teams, demotiviere ich lediglich.
Daher:

Was kann jemand und wofür brennt er?

Gib ihm seinen Platz.

Fördere und fordere ihn.

Die Sehnsucht nach dem Meer bringt Männer dazu, Schiffe zu bauen. Eine prächtige Kathedrale zu erreichten ist spannender als den Akkord von 50 verfugten Steinen zu schaffen.
Woran bauen Sie und wer arbeitet daran eigentlich mit?
Sicherlich mehr als nur die 15% Hochengagierten…