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Wertschätzung ist eine Haltung dem Menschen und seiner gesamten Person gegenüber.

Menschen zeigen sie in Respekt, Wohlwollen, Empathie, Zugewandtheit und Achtsamkeit.

Wir sind der Anfang, wollen wir ernsthaft einen Wandel in diese Richtung.

Wertschätzung wäre schon toll.

Eigentlich ist schon rauf und runter beschrieben, dass es in Unternehmen, und nicht nur dort, an Wertschätzung für- und untereinander mangelt.
Erst neulich hörte ich im Coaching von einer Abteilung, in der zwar alle bei Fehlern auf den anderen zeigen und sich auch gern gegenseitig belehren, aber ein simples „Danke.“ oder „Toll, dass du schon mal angefangen hast.“ scheint der Mühe nicht wert. Schade um das Vertrauen - Vertrauen in sich und seine Richtigkeit stört das ebenso wie das Vertrauen untereinander.
Stattdessen entsteht nur Stress und schlimmstenfalls Angst.

Dass eine wertschätzende Atmosphäre und Begegnung Sicherheit vermittelt, zu einem Klima der Leistungsfähigkeit beiträgt, Menschen besser lernen und miteinander mehr erreichen - all das ist doch hinlänglich bekannt. Wer sich in Führung nicht mit Erkenntnissen der Neurobiologie auseinandersetzt, kümmert sich leider zu wenig um sein Handwerk. Kann ich beklagen, kritisieren oder wiederholen - allein, es ändert ja nix.

Vielleicht müssen wir einfach woanders anfangen.


In diesem Frühjahr habe ich eine wirklich existenzielle Erfahrung gemacht. Im Krankenhausbett habe ich mit neuer Ruhe und mit aufrichtigerem Blick auf mich selbst geschaut.
Irgendwie kam es mir so vor, als ob ein Teil von mir mein Herzblut und meinen Idealismus für seine niederen Zwecke benutzt hätte. Wie ein Chef, der aus narzisstischem Antrieb oder rein egoistischem Nutzen seine idealistischen und motivierten Angestellten aussaugt.

Und bei näherem Hinschauen sah ich dann, wer sich hinter diesem Teil von mir, den ich zur Vereinfachung Ehrgeiz genannt habe, versteckt hat: das Minderwertigkeitsgefühl, der Neid, die Ungeduld, die Angst (vor Versagen, Scheitern, Niederlage, wirtschaftlichem Verlust), der Perfektionismus und das Sich-Beweisen-Wollen. 
 Puh, ganz schön starke Treiber. Alle irgendwie unersättlich und kaum bereit, den Wert zu schätzen, den ich habe, lebe, gebe.

Es wurde Zeit für einen neuen Mannschaftskapitän.
Jemandem in mir, der Zu-FRIEDEN-heit stiftet.
Und damit wurde mir selbst klar, wo Wertschätzung beginnen muss, damit sie überhaupt wahrhaftigen Wandel bringen kann: bei den Menschen in der Beziehung zu sich selbst.
Dazu passt das Zitat Bodo Janssens (GF Upstalsboom): “Wenn jemand in einem Unternehmen etwas verändern möchte, ist er gut beraten, zuerst bei sich zu beginnen.”

Helmut Lind, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank München über Selbstführung

Fortschritt und Wachstum kann dabei nur entstehen, wenn die Beziehung zu uns selbst aufrichtiger, klarer und weitsichtiger wird. Wir sind darauf getrimmt, mehr Leistung zu bringen, uns weiterzuentwickeln, bessere Versionen unserer Selbst zu werden.
Und manchmal erscheinen mir Zutaten wie Wertschätzung oder Achtsamkeit nur als eben solche Zutaten oder Werkzeuge, die man ja nur richtig anwenden muss.

Vielmehr sind sie der Schlüssel und die Haltung.
Aus innerem Frieden heraus agieren wir anders. Wir geben Bedürfnissen Raum, weil wir sie spüren, wir gehen durch Ängste, weil wir ihnen Raum geben, wir entscheiden bewusst statt in immergleichen Mustern. Echter Wandel im Umgang miteinander kann nur durch Wandel in der eigenen Wertschätzung beginnen.
Also unsere wahren Stärken und Potenziale, Bedürfnisse und Wünsche, Werte und Motive, Schwächen und Ängste, Begrenzungen und Horizonte usw. zu kennen und v.a. zu lieben. Sie sind Teil von uns. Andere wertzuschätzen bedeutet damit auch immer, ihnen mit gleichem Blick zu begegnen und sie nicht zum Opfer meines eigenen Unfriedens werden zu lassen.

Wenn es uns also gelingt, uns selbst zu lieben und uns unseren Ängsten zu stellen, dann können wir uns auch den anderen zuwenden. Dann sind aufrichtig wertschätzende Beziehungen jenseits aller Floskeln möglich. Als lebendiges Beispiel haben mich zum Thema Christine Westermann und Götz Alsmann berührt, die als Duo mit großen Gegensätzen wunderbar harmonieren. Sie gönnen einander die Vorfahrt, wenn sie den jeweils anderen für besser geeignet halten (und bewundern einander sogar für ihre persönlichen Vorzüge und Fähigkeiten), sie gehen respektvoll mit Störungen um, können Stimmungen an Körpersprache des anderen lesen und sie brauchten dazu in all den Jahren der Zusammenarbeit keine private Bierrunde, sondern allein das:
„Zuneigung ist das Wort, für das, was zwischen uns ist. Sich dem anderen zuneigen wollen. Hören, was er zu sagen hat, auch wenn man damit vielleicht nichts anfangen kann.“

Neigen sich Menschen einander zu, begegnen sie sich als Menschen.
Zuneigung - welch schöne sprachliche Ergänzung zur Wertschätzung!

Dieser Artikel ist Beitrag zur Blogparade rund um die Thematik „Wertschätzung in der Wirtschaftswelt“ der Kollegin Martina Baehr.
Der Anfang allen Wandels sind wir eben selbst.