Vor Gruppen treten und bestehen

Präsentationen gehören zum Alltag in Unternehmen. Ob als Führungskraft, Projektleiter, im Vertrieb oder Change-Prozess - immer wieder gilt es, Gruppen zu informieren bzw. zu überzeugen und zu bestimmten Entscheidungen zu bewegen.

Dabei haben die wenigsten das Auftreten auf einer Bühne wirklich gelernt. Daher skizzieren wir acht zentrale Schritte auf dem Weg zur wirksamen Präsentation.

Aristoteles hat behauptet, dass man drei Arten von Argumenten braucht, um überzeugende Wirkungen zu erzielen:

  • ethos = die moralische Wirkung
  • pathos = die emotionale Wirkung
  • logos = die logische Wirkung

Fakten reichen allein zum Überzeugen nicht aus. Vielmehr gilt es, sich durch Glaubwürdigkeit und Charakter Respekt zu verschaffen, die Gefühle und Vorstellungskraft des Publikums anzuregen sowie mittels Worte, Struktur und Daten Beweise zu liefern.

Folgende acht Schritte empfehlen sich hierbei:

1. Zielgruppenanalyse


  • An wen richtet sich die Präsentation?

  • Was weiß die Zielgruppe und welche Informationen (Quantität und Qualität) sind zumutbar?

  • Was sind Vorlieben des Publikums?
  • 
Auf welche Gemeinsamkeiten mit dem Publikum kann aufgebaut werden?


Wer verstehen will, was die Zuhörer denken, fühlen, wissen, wonach sie suchen oder welche Probleme drücken, dem wird der zweite Schritt deutlich leichter fallen. Das Wissen um die Zielgruppe ist das Fundament hierfür. Und deren Ziele und Bedürfnisse sollten höher gewichtet sein als die eigenen.


Als Checkliste für eine Analyse könnte helfen:


  • Welche Emotionen wird/soll die Präsentation auslösen?

  • Sind die Entscheider mit der Präsentation vertraut?

  • Wie weit reicht das Wissen der Zuhörer?

  • Welche Meinung wird das Publikum zum Präsentationsthema haben?

  • Was genau interessiert?

  • In welcher Rolle/Beziehung steht der Präsentierende?

  • Welche Gemeinsamkeiten/Konfrontationspotenziale gibt es?

2. Nutzen definieren


  • Was hat der Zuhörer davon, zu folgen?

  • Welchen Mehrwert bringen die Inhalte und die Form?
  • 
Wie wird der Nutzen kommuniziert/sichtbar/erlebbar?


Grundsätzlich sollte Nutzen vor USP stehen, d. h. es geht weniger um Einzigartigkeit als um Wertigkeit der Präsentation.
Denn ohne Nutzen ist die Präsentation sinnlos.
Bei amerikanischen Werbern hat sich die kritische Prüfung mit der Frage „Where is the beef?“ etabliert.


Je emotionaler der Nutzen wirkt, desto erfolgreicher ist die Präsentation. Hilfreiche Vorbereitung könnte sein:


  • Das Publikum hat folgendes Problem… Die Vorschläge lösen das Problem, weil…

  • Das Publikum steht vor der wichtigen Frage… Der Vortrag beantwortet diese Frage, weil…

3. Kernbotschaft isolieren


  • Welcher Satz, welche Botschaft soll sich im Kopf der Hörer verankern?

  • Wie wird er transportiert, so dass auch das Weitererzählen möglich wird?


Ein Meister dieser Kunst war Steve Jobs. Statt unendliche Vorteile bzw. Merkmale eines Produkts aufzuzählen, gab es knackige und illustrierte Geschichten. Minimal zu kommunizieren, erfordert, vorher schon zu überlegen, was wirklich wichtig ist und den Rest wegzulassen. Der darf gern ins Handout. In der Präsentation schafft es vermutlich nur EINE Botschaft ins Hirn der Zuhörer - wenn sie denn sichtbar genug ist.

Zur Illustration hier ein kurzer Präsentationsausschnitt mit Steve Jobs, besonders interessant ab der dritten Minute:

Steve Jobs bei der präsentation des MacBookAir

4. Argumentation aufbauen


  • Welche Argumente sind für die Zuhörer die nachvollziehbarsten?

  • Welche Argumente wecken die meisten/stärksten Emotionen?

  • Welche Argumente sind die Top-3?


Nach der Kernbotschaft folgt die Argumentation sowie danach ein Fazit mit Aufforderung.
Auch wenn es 10 und mehr gute Gründe gibt, die besten drei genügen, danach machen die Hirne ohnehin dicht.

Und wenn der Gegenwindkanal zu erwarten ist, empfiehlt es sich, sichtbar zu machen, wie diese Gegenargumente in die Überlegungen einbezogen worden sind.

5. Inhalte inszenieren


Nach dem Wozu und Warum geht es nun um das Wie. Es geht um Umsetzung und Verpackung.


  • Wie wird die Präsentation kreativ und lebendig?

  • Wie wird die Aufmerksamkeit des Publikums gebunden?

  • Welche Formen und Hilfsmittel unterstützen Botschaft und Wirkung?


Bei der Inszenierung kann man sich vieles bei der Werbung abschauen. Sie verpackt und macht eine nackte Botschaft lecker, spannend, verdaulich. Sie arbeitet bildhaft, humoristisch, karikierend oder überzeichnend, in jedem Fall immer emotional aktivierend. Das bildhafte Denken wird angeregt und nimmt Einfluss auf die Entscheidungsfindung. Werden die Botenstoffe Dopamin oder Oxytocin ausgeschüttet, sorgt das für bessere Klebekraft der Kernbotschaft.
 Techniken aus der Werbung könnten beispielsweise auch sein:
 Nachrichten/Neuigkeiten aus Wirtschaft, Politik, Sport oder Wissenschaft zu nutzen
, skurrile News verarbeiten
, Referenzen nutzen
, Metaphern verwenden („das ist wie…“)
, (Leistungs-, Informations- oder Produkt-)Objekte einsetzen
, Demonstration durchführen
, Vorher-Nachher-Vergleiche
, einen Cliffhanger einbauen, der sich auf eine Geschichte, Neuigkeit oder Lösung bezieht…

Bei der Inszenierung hat sich die Methode des Storytellings immer weiter ausgebreitet. Sie wirkt, wenn sie gut eingesetzt wird. Doch wir sind nicht alle gute Geschichtenerzähler, daher noch weitere Inszenierungshilfen:

  • Neuartig oder anders sein
: Wer Inhalte auf neuartige, bisher ungesehene Art präsentieren oder auch Neuigkeiten in den Vortrag einbauen kann, hat eine große Chance, dass die Kernbotschaft verfängt. Überraschungen sorgen überdies für positive Botenstoffe im Hirn der Zuhörer (wenn sie nicht bedrohlich wirken).
    Wer mutig ist, wird mit dem Publikum interaktiv und bindet es in seine Präsentation ein. Das Gelingen ist dabei mitunter schwer kalkulierbar. Der direkte Kontakt sorgt zugleich für Bindung an Inhalt und Person und überwindet die Barriere, die zunächst zwischen Präsentator und Publikum besteht.
    Interaktionen können z. B. sein: Quiz, Einschätzungsabfrage, Gedankenreise, Einzelinterviews, Fragerunde, Rollenspiele, Brainstorming, Freiwillige usw.
  • Auf Vorzüge konzentrieren: 
Rede nicht über das Produkt oder seine technischen Fähigkeiten, sondern über den Nutzen und die Vorzüge. Wer die Frage, was er davon habe, seinem Zuhörer prägnant beantworten kann, macht es richtig. Top-Ten-Listen oder x Gründe sind mögliche Ansatzpunkte.

    Leidenschaft und Enthusiasmus für das präsentierte Thema stechen zusätzlich hinaus und wirken emotional.
  • Minimal statt Maximal
: Nur das ist zu präsentieren, was minimal nötig ist, um Zustimmung zu erhalten. Je kürzer eine Präsentation ist, umso besser. Detailtiefe, Zahlenkolonnen, Hintergrundinformationen können in ein ansprechendes und ergänzendes Handout gepackt werden. Während der Präsentation kann man darauf hinweisen.
  • Sprache entschlacken
: Es mag sicherlich viele hilfreiche rhetorische Kniffe geben, die wichtigste Aufforderung ist zugleich: Weniger ist mehr. Anglizismen, Fachchinesisch, Nominalstil, überflüssige Moderationen, Phrasen, Ticks oder Wortknoten auf das nötigste zu begrenzen, folgt der Aufforderung: Zugleich Präsentation für Werkbank und Vorstand.
  • Anschauliche Folien entwerfen: 
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Pro Folie also besser viele Fotos und Bilder zur Illustration und Inspiration des bildhaften Denkens und statt Unmengen an Buchstaben und Aufzählungspunkten besser nur 7-10 Wörter = eine Aussage pro Folie.
    Wenn es denn eine braucht…
Denn die Arbeit mit dem FlipChart ist Präsentation unplugged: echt, live, handgeschrieben, leibhaftig, wahr, natürlich, situationsbezogen. Die Arbeit mit dem Stift aktiviert zugleich den Zuschauer und ist ein Weg, sein Wissen direkt und live zu transportieren, um im Hier und Jetzt zu überzeugen.
  • Zahlen Bedeutung verleihen
Große Zahlen erschließen sich dem Zuhörer kaum, sie brauchen eine Relation. Je größer die Zahl, desto wichtiger ist es Analogien oder Vergleiche zu finden, welche die Daten für den Hörer relevant machen. Das oben gezeigte Video mit Steve Jobs illustriert das in besonderer Weise.
  • Den Körper einsetzen
: Ein Rednerpult verdeckt den Körper und steht trennend zwischen Akteur und Publikum. Wer seine ganze Überzeugung transportieren will, tut dies mit seinem gesamten Körper inkl. seiner Stimme.
  • Der Reiz des Echten
: Perfektion lähmt nicht nur, sie wirkt auch nur mäßig attraktiv. Dagegen hat das Echte, gerade weil es seltener geworden ist, seinen Reiz und zieht Menschen an.
    Aalglatte, geschliffene Präsentationen wirken weniger emotional als echte Menschen, die ehrlich, offen und unverhüllt sind. Authentizität schafft bedeutungsvolle Verbindungen.

6. Wirkung testen


Mit einem Testpublikum können zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: das eigene Training und Schleifen an Details sowie die Überprüfung, ob die inhaltliche und dramaturgische Strategie aufgeht. Generalproben haben nicht nur im Theater ihren Sinn und Mehrwert.

Und das Proben schließt alle Elemente der Präsentation ein, also auch die Handarbeit wie Flipchart-Skizzen, Gegenstände usw. Das Spiel „Kernbotschaften raten“ kann überdies sichtbar machen, wie gut die ersten Vorbereitungsschritte erledigt sind.

7. Präsentation halten


Das ist der Live-Auftritt im Ernstfall. Die Hochphase des Adrenalins. Es gibt Übungen gegen Lampenfieber.
Der Start sollte fokussiert sein.
Erst beginnen, wenn die Präsentationsposition erreicht ist, lieber mal einen Moment der Stille aushalten.
Ankommen, einatmen, Haltung einnehmen.
Und gern das Publikum mit einer Überraschung konfrontieren, mit einer Idee, die Erwartungen durchkreuzt und in jedem Fall mit dem Thema korrespondieren muss.
Am Ende kurz bedanken und wirken lassen, ggf. ein starkes Zitat zum Abschluss, das auf die Kernaussage zielt.

8. Feedback einholen


Was gut gedacht, inszeniert und vorgetragen worden ist, wird mit Interesse verfolgt werden.
Das direkte Feedback der Zuhörer ist eine große Chance, um zu verstehen, was funktioniert hat und zu lernen, was optimiert werden könnte. Das Feedback kann direkt oder im Nachgang, persönlich oder schriftlich erfolgen.