Praxistipps: Wie Werte in der Unternehmenspraxis verankert werden

Mit unseren Kunden entwickeln wir immer wieder passende Antworten zu der Frage, wie definierte oder eingeführte Werte und Leitbilder im Alltag verankert und dabei lebendig werden und bleiben.

Nachfolgend einige Ideen für die Praxis.

Ob Markenkern, Leitbilder, Werte tatsächlich im unternehmerischen Alltag ankommen, hängt nicht allein von der Inszenierung der Präsentation ab.
Wie derartige Werte oder Leitgedanken entwickelt werden, ist weniger Thema dieses Artikels. Hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine Reihe praktischer Tipps, wie Organisationen dafür Sorge tragen können, gewünschte Kultur im unternehmerischen Alltag zu verankern.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei natürlich die bewusste und wiederkehrende Auseinandersetzung eines jeden.

Workshops

Menschen in Organisationen stellen mit Recht die Frage, welchen Nutzen die formulierten Werte für sie persönlich an ihrem Arbeitsplatz haben. Was haben sie davon, dass sie die Werte leben und einfordern?
Und sie sollten zur Reflexion aufgefordert sein, wie sie zu ihren eigenen, persönlichen Wertevorstellungen passen.
Bewährt haben sich moderierte Workshops, die einem ‘Dreiklang’ als Erfolgsmotor folgen:

  • Wo sind unsere beste Praxis dieser Werte? In welchen konkreten Beispielsituationen im Alltag zeigen sie sich?
  • Wo werden noch relevante Stellschrauben gesehen, die es noch gilt zu verändern? Wie oder was braucht es mehr oder anders, damit die Praxis den Werten gerechter wird?
  • Zukunftsbilder: Wo werden wir in x Jahren stehen / Wie sieht unser Unternehmen im Alltag aus, wenn wir alle diese Werte konsequent weiter leben? Wie sieht unser Arbeitsumfeld dann aus? Welche Fragen ergeben sich dann?

Erlebnisräume schaffen

Werte brauchen emotionale Anker bei Menschen, damit sie keine Wort- oder Gedankenspielchen bleiben. Die stärksten Erfahrungsmomente sammeln Menschen in ihrem Arbeitsalltag, der also unbedingt Teil der gestalteten Erlebnisräume sein sollte.
Ergänzend sind aber auch inszenierte Veranstaltungen denkbar.

  • Unternehmenstheater ist unterhaltsam und hebt Beschäftigung auf eine spielerische Ebene. So können einzelne Szenen je Wert oder ein Gesamtszenario inszeniert werden. Als Video dokumentiert und ggf. für Niederlassungen im globalen Raum mit Untertitel produziert, kann ein Video als Dialoggrundlage in Teams oder Abteilung genutzt werden und sich ggf. viral verbreiten.
  • Mit Kunst, Kultur, Sport, Technik oder als Abenteuer Erlebnisräume zu schaffen, in denen die Werte spürbar und mit allen Sinnen erlebbar werden, schafft langfristig erinnerbare Erfahrungen und Erlebnisse sowie möglicherweise auszustellende oder präsentable Ergebnisse.
  • Ein ‘Markt der Geschichten’ in Zusammenwirken mit Kunden und Lieferanten kann die internen Erlebnisgeschichten sowie die externen Erlebnisse in eine Form und Ausstellung vereinen.
  • Damit Werte Gesichter bekommen, entstehen Videobotschaften oder Text-Photodokumentationen unterschiedlicher Akteuere im Unternehmen. Diese können in Blogform, eigener Webseite, Buchform oder zur Illustration von Angeboten/Produkten eingesetzt werden.
  • Perspektivwechsel kann einhergehen, wenn beispielsweise die internen Kommunikationsprofis ein Interview mit einem Wert aufsetzt. Und zwar in der Form, dass der Wert personifiziert wird und Fragen bekommt, die man einem neuen Mitarbeiter nach drei Monaten stellen könnte: Wie geht es Ihnen? An welchen Stellen greift das Einarbeitungskonzept gut? Mit wem bereits in Kontakt gekommen? Wen haben Sie noch nicht kennengelernt? etc. Dafür braucht es zuvor sicherlich Einblick in die ein oder andere Praxissituation.

Werte in den Dialog bringen

Haltung zu verändern und zu entwickeln bedarf der regelmäßigen Auseinandersetzung. Insofern empfiehlt es sich, wenn ritualisiert Kultur im Miteinander neben allen Fachfragen zum Thema wird.

  • So können beispielsweise Erlebnisgeschichten geteilt werden, so dass Einblick in andere Verantwortungsbereiche oder Handlungsfelder möglich ist. Erfahrungsgemäß bewährt es sich, derartige Geschichten nicht nur vereinzelt oder in großen Meetings, sondern v. a. als festen Bestandteil jeder Teamsitzung einzubauen. Kernfragen sind dabei stets: “Was bedeutet der Wert xy für meinen konkreten Alltag?” und “Wie wird der Nutzen der Werte spürbar (objektiv sowie emotional)?”
  • Oftmals werden diverse Kennzahlen gepflegt, v. a. in Produktionsbereichen sind diese gern auf Tafeln für alle sichtbar. Diese Plattform kann für analoge Scorecards genutzt werden, die ebenfalls Geschichten oder vereinbarte Parameter transportieren.
  • Kundeninterviews bzw. Lieferanteninterviews erweitern den Horizont um eine externe Sicht: Wo spüren wir im Alltag die Werte? Wie ausgeprägt? Welche Auswirkung hat das auf mich als Externer? 
Neben der Selbstbestätigung oder -kritik können dabei noch völlig neue Aspekte sichtbar werden. Im übrigen sollten diese Blicke bereits bei der Klärung der Grundwerte berücksichtigt werden.

Organisationsentwicklung

Grundsätzlich gilt, dass alle formalen Strukturen sowie Formate zu prüfen sind, ob sie den Werten gerecht werden bzw. angepasst werden müssen. Oftmals wird zunächst gern über Strukturen, Lean-Projekte und Rollen diskutiert und später aufgrund der Schwierigkeiten in der Umsetzung diese Klärung nachgezogen.
Organisation sollte eher von innen nach außen entwickelt sein. Daher empfiehlt es sich, nach einer kulturellen/strategischen/werteorientierten Klärung alles andere auf den Prüfstand zu stellen. Das schließt letztlich neben Organisationsstrukturen, Kommunikationsregeln, Rollenbildern auch Markenauftritt, Raumkonzepte u. ä. ein.

Mithin wird sichtbar, dass Werten nur dann Leben eingehaucht wird, wenn sie in jegliche Handlungsfelder / Funktionen / Rollenbilder im Unternehmen übersetzt sind: Was heißt das konsequente Leben des Wertes xy für einen Einkäufer, für den Vertrieb, für die Forschungsabteilung, für den Kundendienst etc.?

Symbole

Die Bedeutung und Wirkung von Symbolen im Kulturraum ist vielen durchaus bewusst. Daher ist es üblich, dass rund um Leitbilder/Wertediskussionen auch darüber nachgedacht wird, welche beispielsweise optischen Anker geschaffen werden können. Klassischerweise hängen später entsprechende Bilderrahmen in Konferenzräumen o. ä. Grundsätzlich ist zu empfehlen, nach einer Kulturklärung u. a. das corporate design einmal auf den Prüfstand zu stellen und sich fachkundig unterstützen zu lassen, wie mit Farben und Formen eine kongruente Botschaft entstehen kann. Diese darf beispielsweise sichtbar werden auf:

  • Visualisierungen in Schaubildern o. ä. in Konferenzräumen, Büros, der Kantine usw.
  • Minipräsentationen auf Visiten- oder ID-Karten
  • Beschilderung im Eingangsbereich
  • als Hintergrund auf PC-Bildschirmen
  • in Kombination mit symbolischen Geschenken an Kollegen / Vorgesetzte / Mitarbeiter vim Sinne eines Feedbackgeschenks: ‘so habe ich Dich und den Wert xy letztens erlebt und ich danke Dir für die Wirkung, die es auf mich hatte…’

Führung

Und zum Abschluss ein Blick auf das wichtigste Handlungsfeld in Unternehmen, wenn es um Kultur, Leitbilder und Markenkern geht: die Führung.
Werte lebendig halten muss zur Führungshaltung werden und zwar auf allen Ebenen. Denn Anspruch jeglicher Führung, ist Menschen zu bestimmten Verhalten zu bewegen. In diesem Fall zu einem Handeln im Sinne des gemeinsamen Ganzen.

Was in Führung nicht vorgelebt, in Kommunikation und Auseinandersetzung gebracht und in Zusammenarbeit nicht erlebbar wird - das findet schlichtweg nicht statt. Am gefährlichsten sind gar die Situationen, in denen Werte kommuniziert, aber das Gegenteil gelebt wird. Ein Widerspruch zwischen Reden und Handeln ist der Tod jeder Idee.

Führung hat das Thema Kultur nicht on top zum Arbeitsalltag wahrzunehmen. Es braucht eine werteorientierte Grundhaltung, die sich konsequent durch die persönliche Führungsverantwortung zieht. Sollen Werte und Kultur kein philosophisches Thema sein, über das man lange nachdenken muss, sondern vielmehr ins „schnelle Denken“, also ins intuitive Handeln übergehen, dann ist spürbare, wiederholte und klare Auseinandersetzung gefragt.
Dies kann geschehen in:

  • Reflexion und/oder Parameter für jegliche Feedback- und Entwicklungsgepräche mit Akteuren im Unternehmen: Wie hast Du an den Werten in der letzten Zeit gearbeitet? Wie erlebe ich Dich dabei als Dein Vorgesetzter/Partner? Wo sind unsere handlungspraktischen Bilder unterschiedlich und müssen abgeglichen werden?
Damit werden Führung und Kultur zu einer persönlichen und Angelegenheit zwischen Menschen.
  • Dazu gehört, in Führungsverantwortung wirklich hören zu wollen, wo es im Arbeitsalltag noch nicht stimmig zwischen Soll und Ist läuft. Dabei entsteht gleichzeitig immer die Herausforderung: Was muss sich wie verändern, damit die Werte integer wahrgenommen werden?
  • Wer andere führen will, muss zunächst sich selbst führen. Insofern ist es tägliche Übung, sich in seinem Führungsverhalten zu reflektieren: Was ist mein Beitrag zum kulturellen Soll? Wie lebe ich was vor? Welche Ziel- oder Entscheidungskonflikte erlebe ich in mir?
Gestalterische Aufgabe des Unternehmens kann/sollte sein, geeignete Reflexionsformate als Chance des Austauschs bzw. der professionellen Reflexion anzubieten. Mit unseren Kunden haben wir hierfür das Format „Führungswerkstatt“ als Dialogformat entwickelt.
  • Geschäftsführungen haben besondere Vorbildfunktion in mittelständischen Unternehmen. Den Dialog zu Werten und Kultur zu suchen und zu führen braucht erfahrungsgemäß mehr als die Politik der offenen Tür. Feedbackwalks hin an die Arbeitsplätze, auf die Akteure zu heben die Bedeutung bestimmter Themen hervor. Mit den richtigen Fragen in verstehen-wollender Haltung können so neben Mikrothemen auch die Kernschwierigkeiten sichtbar werden und bleiben, die im Gesamtkontext wirken. Hier Geschichten zu transportieren, abzuholen, wertzuschätzen lädt eben diese Geschichten in ihrer Bedeutung auf. Das wirkt oftmals stärker als manche Symbolik oder Präsentationsevents.

Für Führung gilt insgesamt besonders wie für alle Akteure im Unternehmen der Satz Albert Schweitzers:
„Mit gutem Beispiel voranzugehen, ist nicht nur der beste Weg, andere zu beeinflussen - es ist der einzige.“